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Vom Irrglauben, Mitarbeiter durch Schulungen zu qualifizieren

When you have something to say, silence is a lie - and tyranny feeds on lies.

 

In vielen Unternehmen wird immer noch der Irrglaube gepflegt, dass Schulungen die Lösung für jede Kompetenzlücke sind. Doch die Realität sieht oft anders aus.

 

Mangelndes Engagement und intrinsische Motivation

Häufig ist zu beobachten, dass weder die Teilnehmer noch die Auftraggeber wirkliches Interesse an den Schulungen zeigen. Sie werden oft nur durchgeführt, um eine Vorgabe zu erfüllen oder um den Anschein zu erwecken, dass etwas getan wird. Dabei ist ohne intrinsische Motivation kein wirklicher Lernprozess möglich. Mitarbeiter müssen den Wunsch haben, sich weiterzuentwickeln, sonst verpuffen die Schulungsmaßnahmen wirkungslos.

 

Unangemessene Schulungsinhalte für hochqualifizierte Mitarbeiter

Für hochqualifizierte Mitarbeiter sind viele Schulungen oft unnötig, da sie meist nur oberflächliche Inhalte bieten. Qualifiziertes Personal sollte in der Lage sein, sich selbstständig die notwendigen Informationen zu beschaffen. Statt immer wieder auf externe Schulungen zu setzen, sollten Unternehmen ihren Mitarbeitern anspruchsvollere Aufgaben geben, die sie wirklich fordern und weiterbringen.

 

Schulungen zur Erfüllung von Vorgaben

Ein weiterer Punkt ist, dass Schulungen oftmals nur durchgeführt werden, um irgendwelchen Vorgaben zu genügen oder rechtliche Vorschriften zu erfüllen. Dies geschieht häufig ohne Sinn und Verstand. Ein Beispiel dafür sind Sicherheitsschulungen in großen Konzernen, die auf Deutsch abgehalten werden, obwohl die Teilnehmer oft niedrig qualifizierte Arbeitnehmer aus dem Ausland sind, die über Subfirmen eingekauft wurden und kein Deutsch beherrschen. Diese Mitarbeiter müssen dann die Teilnahme an der Schulung in Formularen in zehn verschiedenen Sprachen bestätigen. Das Bestätigungsdokument wird in der Sprache der Teilnehmer zur Verfügung gestellt, aber sie haben kein Wort von der eigentlichen Schulung verstanden. Ich habe dies selbst in großen, namhaften Unternehmen, die in Deutschland zur Spitze gehören, miterlebt. Rechtlich war das Unternehmen abgesichert, doch der Sinn der Schulung wurde völlig verfehlt.

 

Beispiel aus der Praxis

Ein Beispiel aus der Praxis zeigt die Problematik deutlich: Eine Mitarbeiterin sollte bei einer Programmieraufgabe unterstützt werden, um eine Schulungsmaßnahme zu erfüllen, äußerte jedoch in der offenen Kommunikation, dass sie keine Lust und kein Interesse habe, da sie privat mehrere Kinder betreuen müsse und der Job für sie lediglich ein Einkommen generieren sollte, wobei eine Motivation über den Minimaleinsatz hinaus nicht in ihrem Interesse lag. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass es keine allgemeingültigen Lösungen gibt und individuelle Lebensumstände eine große Rolle spielen. Mehrere Teamleiter und Manager haben bestätigt, dass Singles oft leistungsfähiger sind als verheiratete Kollegen, da ihr Fokus stärker auf der Arbeit liegt.

 

Realität vs. Anspruch

Ein weiteres gesellschaftlich schwieriges Thema muss hier angesprochen werden: Nicht jeder kann alles. Unser Bildungssystem bestätigt dies, angefangen bei den verschiedenen Schularten, die auf unterschiedliche Leistungsfähigkeiten der Schüler zugeschnitten sind, bis hin zu Hochschulen und deren Notensystemen als Indikatoren für Intelligenz. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber im Allgemeinen ist dieses Muster erkennbar.

Wenn ein Unternehmen in der Softwareentwicklung Mitarbeiter einstellt, die zehn Semester für den Bachelor benötigten und über mehrere Bildungswege erst zu diesem Studium kamen, sind diese vielleicht nicht in der Lage, die komplexesten Aufgaben zu bewältigen (es gibt durchaus Ausnahmen). Wenn das Management glaubt, diese Mitarbeiter durch Schulungen zu Top-Entwicklern machen zu können, ist das ein Irrglaube.

 

Gehaltsstrukturen und externe Kräfte

Ein weiterer Punkt, der berücksichtigt werden muss, ist die Gehaltsstruktur. Entwickler, die zu niedrigen Gehältern beschäftigt werden, gehören möglicherweise nicht zur Creme-de-la-Creme ihres Fachs. Ein Unternehmen muss dann oft auf externe Kräfte zurückgreifen, um die intern entstehenden Qualitäts- und Kompetenzprobleme zu lösen. Diese externen Experten sind zwar oft teurer, können aber die Lücken füllen, die durch unterqualifizierte interne Mitarbeiter entstehen.

 

Fazit

Ich möchte nicht behaupten, dass alle Schulungen unnötig sind. Doch es macht einen erheblichen Unterschied, ob ein Teilnehmer aufgrund eigener Motivation oder nur auf Aufforderung seines Arbeitgebers an einer Schulung teilnimmt. Unternehmen sollten daher den Fokus stärker auf die individuellen Bedürfnisse und Motivationen ihrer Mitarbeiter legen und realistische Erwartungen an deren Weiterentwicklung haben. Nur so kann echtes Lernen und eine nachhaltige Kompetenzentwicklung stattfinden. Ebenso sollten sie die Gehaltsstrukturen überdenken und sicherstellen, dass sie qualifizierte Mitarbeiter anziehen und halten können. Schließlich müssen Schulungen sinnvoll und verständlich durchgeführt werden, um den tatsächlichen Nutzen zu gewährleisten und nicht nur rechtliche Vorgaben zu erfüllen.