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Phänotypische Software: Wie Psychologie und Genetik die Zukunft der Software-Erfahrung prägen könnten

When you have something to say, silence is a lie - and tyranny feeds on lies.

 

In der modernen Softwareentwicklung spielt die Nutzererfahrung eine zentrale Rolle.

Produkte, die funktional gleichbleibend sind, können je nach äußeren Umständen sehr unterschiedlich bewertet werden. Dies führt uns zu einem spannenden Gedanken: Was wäre, wenn wir das Nutzerverhalten und App-Bewertungen basierend auf externen Faktoren wie dem Wetter oder der Tageszeit vorhersagen und anpassen könnten?

Dieser Ansatz, der sich auf psychologische Phänomene wie Wetterfühligkeit und Konzepte aus der Genetik, insbesondere der Phänotypen-Theorie, stützt, könnte dazu beitragen, die Art und Weise zu optimieren, wie wir Rückmeldungen und Bewertungen in unseren Apps abfragen.

 

Phänotypische Software: Dynamische Anpassung an äußere Umstände

In der Genetik beschreibt der Phänotyp, wie sich ein Organismus basierend auf denselben genetischen Informationen an unterschiedliche Umweltbedingungen anpasst. Der genetische Code bleibt gleich, aber das äußere Erscheinungsbild oder Verhalten kann je nach Umwelteinflüssen variieren. Ein Beispiel dafür sind Zwillinge, von denen einer Zeit im Weltraum verbringt und dessen Körper sich aufgrund der Schwerelosigkeit anders entwickelt als der seines Bruders auf der Erde. Ein weiteres Beispiel ist die Anpassung der Haut an Sonneneinstrahlung: Obwohl der genetische Code gleich bleibt, wird die Haut dunkler, um sich vor den schädlichen Effekten der Sonne zu schützen.

Dieses Konzept lässt sich auf Software übertragen. Das Grundgerüst einer App – der Code – bleibt unverändert, aber die App kann sich dynamisch an äußere Umstände anpassen, genau wie ein Phänotyp. So könnte eine App beispielsweise:

  • Design und Funktionen basierend auf den Lichtverhältnissen oder dem Wetter ändern,
  • Benachrichtigungen und Aufforderungen, wie etwa Bewertungen, je nach emotionalem Zustand oder äußerer Umgebung zurückhalten oder anpassen.

Hier kommt der Gedanke der phänotypischen Software ins Spiel: Anwendungen, die auf äußere Umstände reagieren, um das Nutzererlebnis zu optimieren.

 

Der Einfluss äußerer Umstände auf App-Bewertungen

Ein spezielles Szenario, das ich beobachtet habe, ist der Zusammenhang zwischen dem Wetter und der App-Bewertung. Selbst wenn die Qualität einer App konstant bleibt, zeigen Nutzer eine höhere Neigung, bei schlechtem Wetter schlechtere Bewertungen abzugeben. Dies liegt daran, dass äußere Umstände wie trübes Wetter oder schlechte Lichtverhältnisse die Stimmung negativ beeinflussen und so auch die Wahrnehmung der App färben.

Daraus ergibt sich eine spannende Frage: Warum sollten wir Bewertungen immer zu denselben Zeiten und in denselben Situationen anfragen, wenn wir wissen, dass äußere Faktoren wie das Wetter die Stimmung beeinflussen?

Hier ist eine Möglichkeit, wie phänotypische Software das Nutzerverhalten und App-Bewertungen verbessern kann: Die App könnte bei schlechtem Wetter auf die Anfrage nach einer Bewertung verzichten, da die Wahrscheinlichkeit einer negativen Bewertung steigt. Stattdessen könnte sie die Nutzer an sonnigen, hellen Tagen – wenn sie tendenziell besser gelaunt sind – aktiv zur Abgabe einer Bewertung auffordern. Durch diese gezielte Steuerung der Bewertungsanfragen lässt sich nicht nur die Nutzererfahrung verbessern, sondern auch die Gesamtbewertung der App langfristig positiv beeinflussen.

 

Phänotypische Software heute: Manuelle Anpassungen vs. Automatisierung

Momentan gibt es bereits manuelle Anpassungen, die in gewisser Weise als phänotypisch angesehen werden können. Nutzer haben die Möglichkeit, ihre Software durch Profileinstellungen wie Farbgestaltung, Sprache oder Layout nach eigenen Vorlieben zu gestalten. Diese Anpassungen erfolgen jedoch statisch und setzen voraus, dass der Benutzer aktiv eingreift.

Die Zukunft geht jedoch in Richtung automatisierter Anpassungen: Software, die sich dynamisch an die Umgebung und den emotionalen Zustand des Nutzers anpasst, ohne dass der Nutzer selbst aktiv eingreifen muss. Beispiele dafür könnten sein:

  • Wetterbasierte Anpassungen: Die App erkennt, dass es regnet und dunkel ist, und passt das Design oder die Funktionen an, um eine angenehmere Nutzererfahrung zu bieten.
  • Lichtverhältnisse: Die App könnte ihre Helligkeit oder Farbgebung entsprechend der Beleuchtung im Raum ändern, um die Augen des Nutzers zu schonen.
  • Stimmungsbasierte Anpassungen: Die App könnte vor Arbeitsbeginn durch einfache Fragen oder sogar durch emotionale Erkennung via Kamera die Stimmung des Nutzers erfassen und Funktionen sowie Benachrichtigungen anpassen.

 

App-Bewertungen und Phänotypische Software: Eine Synergie

Indem eine App intelligent auf äußere Umstände reagiert, schafft sie ein besseres Nutzererlebnis und optimiert den Zeitpunkt für die Interaktion mit den Nutzern. Die Steuerung der Bewertungsanfragen basierend auf dem Wetter ist ein Beispiel dafür, wie eine App dynamisch das Feedback-Management verbessern kann.

Stellen wir uns vor, eine App könnte erkennen, dass es ein grauer, regnerischer Tag ist, und an diesem Tag keine Aufforderung zur Abgabe einer Bewertung anzeigen. Stattdessen könnte sie die Anfrage an einem sonnigen Tag einblenden, wenn die Nutzer in besserer Stimmung sind und die Wahrscheinlichkeit einer positiven Bewertung steigt. Diese gezielte Interaktion würde das Erlebnis des Nutzers verbessern und gleichzeitig die Gesamtbewertung der App positiv beeinflussen.

Durch diese dynamische Anpassung an äußere Umstände kann phänotypische Software den genetischen Code (den App-Code) unverändert lassen, aber das Nutzererlebnis auf situative Weise optimieren, ähnlich wie sich der Phänotyp eines Organismus in verschiedenen Umwelten entwickelt.

 

Fazit: Psychologie und Genetik als Inspirationsquelle für die Softwareentwicklung

Die Integration von psychologischen und genetischen Konzepten wie der Phänotypen-Theorie in die Softwareentwicklung eröffnet spannende neue Möglichkeiten. Indem wir erkennen, wie äußere Einflüsse das Nutzerverhalten verändern, können wir Software schaffen, die nicht nur funktional, sondern auch kontextbewusst und intelligent ist. Dies könnte der Schlüssel zur Verbesserung von Nutzererfahrungen und zur Schaffung von Anwendungen sein, die sich dynamisch an die Bedürfnisse und Emotionen der Nutzer anpassen.

Die Zukunft der Softwareentwicklung könnte darin liegen, nicht nur die Funktionalität eines Produkts zu optimieren, sondern auch den Kontext, in dem es genutzt wird, aktiv zu berücksichtigen. Dies ist der nächste Schritt hin zu wahrhaft nutzerzentrierten digitalen Produkten.