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Blog Beitrag

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Die Folgen fehlender Prozesse in der Softwareentwicklung

When you have something to say, silence is a lie - and tyranny feeds on lies.

Einführung

Die Entwicklung hochwertiger Software erfordert weit mehr als nur eine technische Umsetzung – sie verlangt nach strukturierten Prozessen, guter Kommunikation und einem Verständnis für das Zusammenspiel der verschiedenen Rollen. Oftmals entstehen Probleme schon in den ersten Schritten, sei es durch ungenaue Designvorgaben oder unzureichende Review-Prozesse. Diese Fehler pflanzen sich durch die gesamte Entwicklungskette fort und können die Qualität des Endprodukts massiv beeinträchtigen. In diesem Artikel beleuchte ich die Herausforderungen und Lösungsansätze entlang des gesamten Entwicklungsprozesses – vom Design über die Code-Entwicklung bis hin zur CI/CD-Pipeline und Sicherheitsaspekten.

 

Die Wurzel des Problems: Fehlender Feedback-Prozess zwischen Design und Entwicklung

Ein häufiger Ausgangspunkt von Fehlern in der Softwareentwicklung liegt in den Designvorgaben. Ein typisches Beispiel sind präzise Floating-Point-Werte, wie z.B. 2.3453 für Pixel, die in Designs vorkommen, aber in der Entwicklung keinen Sinn ergeben. Das Problem hierbei ist nicht nur technischer Natur – es ist ein Prozessproblem. Häufig fehlt ein Review-Prozess auf Design-Ebene, sodass unlogische Werte einfach in die Entwicklung getragen werden.

Statt solche Werte kritisch zu hinterfragen, setzen Entwickler die Designs oft 1:1 um, ohne sich über die technische Umsetzbarkeit Gedanken zu machen. Wenn ein Entwickler diese Diskrepanzen erkennt, wird der Fehler oft stillschweigend behoben, ohne Feedback an das Design-Team zurückzugeben. Dadurch entstehen zwei Probleme:

1. Design-Fehler werden wiederholt: Da die Designer keine Rückmeldung erhalten, reproduzieren sie dieselben unlogischen Werte in zukünftigen Projekten.

2. Wissenssilos entstehen: Entwickler korrigieren stillschweigend Designfehler, ohne diese zu dokumentieren oder an das gesamte Team weiterzugeben.

 

Klare Rollen und Verantwortlichkeiten: Der Schlüssel zur Vermeidung von Fehlern

Ein Kernproblem in vielen Entwicklungsprozessen ist die mangelnde Kommunikation und Abstimmung zwischen den verschiedenen Rollen. Es reicht nicht aus, wenn jeder nur seine direkte Aufgabe erfüllt. Um Qualität und Effizienz sicherzustellen, müssen klare Rollen und Verantwortlichkeiten definiert werden:

- Product Owner sollten sicherstellen, dass die Designs technisch machbar sind und von den Entwicklern überprüft wurden, bevor sie in die Umsetzung gehen.

- Designer sollten ein grundlegendes technisches Verständnis entwickeln, damit ihre Designs auch realistisch umgesetzt werden können.

- Entwickler sollten nicht einfach blind umsetzen, sondern aktiv Design-Vorgaben hinterfragen und konstruktives Feedback an das Design-Team geben.

 

Dies ist auch der Unterschied zwischen einem Lead-Entwickler und einem Senior-Entwickler: Der Lead-Entwickler übernimmt Verantwortung, hinterfragt Prozesse und sorgt für kontinuierliche Verbesserungen. Ohne klare Verantwortlichkeiten bleibt jedoch jeder in seiner Rolle gefangen, und Feedback-Schleifen, die Fehler frühzeitig verhindern könnten, werden unterbrochen.
 

Der richtige Review-Prozess: Code-Qualität sicherstellen

Ein weiteres Problem, das häufig auftritt, ist die Art und Weise, wie Code-Reviews durchgeführt werden. In vielen Fällen wird der Code eines unerfahrenen Entwicklers von einem Kollegen auf demselben Erfahrungsniveau geprüft, was zu einer Situation führt, in der „der Unwissende den Unwissenden prüft“. Dies erhöht das Risiko, dass Fehler übersehen werden und sich inkonsistente Code-Standards durch das gesamte Projekt ziehen.
 

Mögliche Lösungen:

1. Senior-Entwickler als Reviewer: Code-Reviews sollten grundsätzlich von erfahrenen Entwicklern durchgeführt werden. Sie können Fehler nicht nur erkennen, sondern auch Verbesserungsvorschläge machen, die den Code robuster und zukunftssicherer gestalten.

2. Code-Guidelines und Checklisten: Eine einheitliche Code-Guideline oder Code-Convention kann als Basis für alle Reviews dienen. Dies schafft klare Standards und reduziert den Interpretationsspielraum, insbesondere bei Entwicklern mit weniger Erfahrung.

3. Pair Programming: Zwei Entwickler arbeiten gemeinsam am Code und überprüfen sich gegenseitig in Echtzeit. Dies verhindert nicht nur Fehler, sondern fördert auch den Wissensaustausch.

 

Agile Prozesse und Zusammenarbeit

Die Einführung agiler Methoden wie Scrum oder Kanban kann helfen, Feedback-Prozesse zu beschleunigen und die Kommunikation zwischen Design und Entwicklung zu fördern. Regelmäßige Sprint Reviews, Daily Stand-ups und Retrospektiven bieten Möglichkeiten, potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen und sofort anzugehen. Diese Meetings schaffen Transparenz und stellen sicher, dass alle Beteiligten im Team auf dem gleichen Stand sind.

 

CI/CD-Pipelines: Mehr als nur Tests und Builds

CI/CD-Pipelines spielen eine entscheidende Rolle bei der Qualitätssicherung in der Softwareentwicklung. Oftmals wird der Fokus hier jedoch nur auf Builds und Unit-Tests gelegt, während wichtige Aspekte wie Sicherheit vernachlässigt werden. Ein ganzheitlicher Ansatz in der CI/CD-Pipeline umfasst jedoch weit mehr als das.

 

Ein ganzheitlicher Sicherheitsansatz:

Viele Unternehmen implementieren lediglich ein Tool zur Sicherheitsüberprüfung in ihrer CI-Pipeline und glauben, damit sei der Aspekt der Sicherheit abgedeckt. In Wahrheit ist ein ganzheitlicher Sicherheitsansatz notwendig, der Sicherheitsaspekte in jedem Schritt der Softwareentwicklung berücksichtigt. Ein Beispiel aus meiner Praxis verdeutlicht dies:

Ich wurde von einem Kunden gebeten, die Sicherheitsüberprüfung in dessen CI-Pipeline zu verbessern. Der Kunde konzentrierte sich jedoch ausschließlich auf die Einführung eines einzigen Sicherheitstools, das von einem OEM vorgeschrieben war. Ich schlug stattdessen einen umfassenden Ansatz vor, der Bedrohungsmodellierung, Risikobewertungen, Pre-commit und Pre-push Hooks sowie zusätzliche Sicherheitstests umfasste. Leider wurde dieser Ansatz aufgrund mangelnder Einsicht und eines zu engen Fokus auf den OEM-Prozess nicht umgesetzt.


 Best Practices für eine sichere CI/CD-Pipeline:

- Automatisierte Sicherheitschecks: Tools wie SonarQube oder MobSF sollten in die CI-Pipeline integriert werden, um kontinuierlich Schwachstellen im Code zu identifizieren.

- Pre-commit Hooks: Diese führen automatische Checks vor jedem Commit durch, z.B. Linting oder Formatierungsüberprüfungen.

- Penetrationstests: Manuelle Penetrationstests bieten zusätzlichen Schutz, indem sie Schwachstellen aufdecken, die durch automatisierte Tools möglicherweise nicht erfasst werden.

 

Menschliche und kulturelle Aspekte: Feedback als Kern der Qualität

Ein oft vernachlässigter, aber entscheidender Aspekt ist die Teamkultur. Nur wenn Entwickler bereit sind, proaktiv Feedback zu geben und auch zu empfangen, kann der Prozess wirklich effektiv werden. Offene Kommunikation und eine konstruktive Feedback-Kultur müssen gefördert werden, damit Design- und Entwicklungsteams nicht nebeneinander her arbeiten, sondern sich gegenseitig unterstützen. Dies gilt nicht nur innerhalb der Teams, sondern auch übergreifend zwischen Design, Entwicklung und Qualitätssicherung.

 

Fazit: Prozesse, Tools und Kultur als Erfolgsfaktoren

Die Herausforderungen in der Softwareentwicklung beginnen oft beim Design und ziehen sich durch die gesamte Entwicklungskette hindurch. Durch klare Rollen, gezielte Feedback-Loops und ein strukturiertes Review-Verfahren können viele dieser Probleme frühzeitig behoben werden. Die Einführung einer umfassenden CI/CD-Pipeline, die Sicherheitsüberprüfungen und Qualitätschecks integriert, sorgt dafür, dass nicht nur die Funktionalität, sondern auch die Sicherheit und Robustheit der Software gewährleistet werden.

Es braucht jedoch mehr als nur technische Lösungen: Eine offene und konstruktive Teamkultur, in der Feedback als Chance und nicht als Kritik verstanden wird, ist entscheidend. Nur so kann sichergestellt werden, dass jeder Prozessschritt zur Qualität des Endprodukts beiträgt und Fehler nicht einfach stillschweigend korrigiert werden, sondern nachhaltig behoben werden.

 

Handlungsempfehlungen:

1. Etabliere klare Rollen und Feedback-Prozesse zwischen Design und Entwicklung.

2. Führe Code-Reviews durch erfahrene Entwickler durch und setze einheitliche Code-Guidelines ein.

3. Integriere umfassende Sicherheitsprüfungen in die CI/CD-Pipeline und denke an einen ganzheitlichen Sicherheitsansatz.

4. Fördere eine offene Feedback-Kultur, um die Kommunikation und Zusammenarbeit im Team zu verbessern.

Mit diesen Maßnahmen können Unternehmen die Qualität und Sicherheit ihrer Software nachhaltig verbessern.